Schützenverein Ringel 1904 e. V.


Aus dem Bericht zum 50-jährigen Jubelfest im Jahre 1954

 

„Als im Jahre 1904 der Schützenverein gegründet wurde, war das nur der folgenrichtige Abschluß eines schon seit Jahrzehnten bestehenden Schützenlebens. Nach mündlichen Überlieferungen wurde schon am Ende des 19. Jahrdunderts in jedem Jahr in der Bauerschaft Ringel, ohne dass ein Verein bestand, ein Schützenfest gefeiert. In der Hauptsache beteiligten sich daran die Junggesellen. Des Morgens wurde auf einem provisorisch errichteten Scheibenstand in der Nähe des „Hampknapp“ (Hanfknapp) der König ausgeschossen. Die Schützen brachten z. T. Ihre eigenen Vorderlader mit. Als Gewehrauflage dienten die Sprossen einer Leiter, die in der Erde eingegraben war. Während des Schießens kam dann der alte Kalverkämper (Wirt Hilgemann) mit fünf Schnapsflaschen, die er an einem Strick befestigt hatte, und einem Schnapsglas in der Hand, um den Schützen das notwendige „Beruhigungswasser“ zu verabreichen. In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde das Königsschießen auf die Binnheide verlegt. Das Fest selbst feierte man nachmittags und abends auf dem Festzelt beim Kalverkämper. Kurz vor der Jahrhundertwende kam das Schützenfest zum Erliegen, da sich nicht mehr genügend Junggesellen daran beteiligten.
Einem seltsamen Umstand ist dann im Jahre 1904 die Gründung des Schützenvereins zu verdanken. Zu der Zeit wurden die in der Bauerschaft Verstorbenen auf Leiterwagen, später auf Kastenwagen, zum Friedhof gefahren. Da in Lengerich die Toten schon mittels eines richtigen Leichenwagen beerdigt wurden, wollte die Bauerschaft nicht nachstehen. Viele Bewohner der Bauerschaft kamen deshalb im Jahre 1903 zu einer Besprechung beim Kalverkämper zusammen. Jeder Grundbesitzer sollte sich verpflichten, den Betrag des jährlich ausgezahlten Jagdpachtgeldes zu spenden. Da die Versammlung nicht zu einem Ergebnis kam, meinte Wilhelm Brune, wenn man schon keinen Leichenwagen anschaffen könne, so sollte man doch zur Gründung eines Schützenvereins übergehen, um endlich wieder mal ein richtiges Schützenfest feiern zu können. Damit waren alle Anwesenden einverstanden und die Versammlung wählte Wilhelm Brune zum 1. Vorsitzenden. (Auf einer weiteren Versammlung einigte man sich doch noch auf die Finanzierung und Anschaffung eines Leichenwagens.)
Im Jahre 1904 konnte das erste Schützenfest gefeiert werden. Der Schützenkönig war Friedrich Peters. Von nun an wurde das Fest alljährlich begangen. In jedem Jahr wurden mehrere Preisschießen durchgeführt und vierteljährlich eine Versammlung abgehalten. Der Jahresbeitrag betrug damals drei Mark. Es fiel den Mitgliedern manchmal schwer, den Betrag aufzubringen. Trotzdem brachte eine Geldsammlung in der Bauerschaft so viel ein, dass der Verein sich eine Fahne anschaffen konnte, die im Jahre 1907 geweiht wurde.
Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges kam das Vereinsleben zum Erliegen, da der größte Teil der Mitglieder zu den Fahnen einberufen wurde.
Nach dem 1. Weltkrieg lebte wie überall das Vereinsleben wieder auf. Die Vereinsführung lag zunächst in den Händen von Ernst Tiemann. Das erste Schützenfest wurde wieder im Jahre 1920 auf dem Hof von Friedrich Heemann gefeiert. Einen starken Aufschwung erhielt der Verein, als der Briefträger Friedrich Peters das Steuer des Vereins übernahm. Als Briefträger kam er fast täglich in alle Häuser und sorgte so für die Stärkung des Zusammenhalts im Verein.
1929 feierte der Verein sein 25-jähriges Jubiläum. Schützenkönig war Heinrich Baumkamp-Hunsche. Als Friedrich Peters wegen Umzugs seinen Vorsitz niederlegte, wurde Heinrich Kampmeier sein Nachfolger. In den 20er Jahren führte der Verein jährlich ein plattdeutsches Theaterstück auf. Diese Tradition wurde nach dem 2. Weltkrieg wieder aufgegriffen. Schon vor dem 1. Weltkrieg war auf der „Bläike“ (Bleiche) hinter der Wirtschaft Hilgemann ein Schießstand errichtet worden, da das Schießen auf der Binnheide mit zu vielen Gefahren verbunden war. In den Jahren 1936–39 entsprach auch der alte Schießstand nicht mehr den Anforderungen, und so wurde im Jahre 1939 ein neuer Schießstand gebaut. Einmal noch konnte auf dem neuen Schießstand der König ausgeschossen werden, denn dann wurde das bittere Wirklichkeit, was hier in sportlicher Fairness geübt wurde.
Der 2. Weltkrieg brachte für den Schützenverein und die Bauerschaft schwere Zeiten: Viele Männer wurden zu den Waffen gerufen. Insgesamt 56 Männer der Bauerschaft (in der Mehrheit auch Mitglieder des Schützenvereins) kehrten aus dem Krieg nicht wieder zurück. Es war das besondere Anliegen von Heinrich Kampmeier (Vorsitzender von 1929–1953) und Wilhelm Wiemann (Vorsitzender von 1953–1959), diesen Gefallenen eine würdige Gedenkstätte zu errichten. So nahm sich der Schützenverein dieser Aufgabe an und erbaute auf dem Grund des Bauern Berlemann-Osterhaus, der denselben in großzügiger Weise kostenlos zur Verfügung stellte, ein Ehrenmal. Das Denkmal wurde am 20. Juni 1954 unter großer Beteiligung der Bevölkerung eingeweiht.
Im gleichen Jahr fand auch das Jubelfest zum 50-jährigen Bestehen des Vereins statt, an dem insgesamt 23 Nachbarvereine teilnahmen. Der Festakt fand wieder auf dem alten Schulhof auf dem Hof Oslage statt. Der damalige Kreisheimatpfleger und Schulleiter der Graf-Adolf-Schule in Tecklenburg, Oberstudiendirektor Dr. Gustav Korspeter, hielt die Festrede und war von der Gestaltung und dem Ablauf des Festes so beeindruckt, dass er das Ringeler Jubiläumsfest als das wahre Kreisheimatschützenfest bezeichnete.
(Nebenbei sei hier bemerkt, dass an diesem Tag die Fußballnationalmannschaft das Weltmeisterschaftsendspiel gegen Ungarn mit 3:2 gewann und somit das „Wunder von Bern“ geschah.)
Mehrere Tausend Besucher hatten sich auf dem Festplatz eingefunden, als die Jubiläumsmajestät Heinrich Baumkamp im Königswagen stehend die Front der angetretenen Vereine abfuhr.
Die Jubiläumsfeier begann mit einem Feldgottesdienst am neuen Ehrenmal, in dem Pfarrer Neuhaus, zu dessen Pfarrbezirk der größte Teil von Ringel gehörte, über das Thema sprach: Christus ist nicht nur auf die Welt gekommen, um das Verhältnis des Menschen zu Gott zu erneuern, sondern auch das des Menschen zu seinem Mitmenschen.
Rechtzeitig zum Jubelfest war auch der neue Abschnitt der Ringeler Straße von Schmied Schulte bis zur Schule Ringel I fertiggestellt worden. Die Bewohner der Bauerschaft hatten sich mit DM 6000,– Spenden an den Kosten beteiligt.

Heinrich Kröner